William Voltz

Biografie

Teil 32

Nach den erholsamen Wochen an der Nordsee ging Willi mit Elan an die Arbeit. Es war einer der wenigen Urlaube, in denen er nicht aktiv für PERRY oder ATLAN gearbeitet hatte. Die Schreibmaschine war zu Hause geblieben. Unsere Freundin Hilde, die in Heusenstamm als Briefträgerin tätig war, hatte sich angeboten, unsere Post zu sammeln. Willi brachte die angesammelten Briefe der vergangenen dreieinhalb Wochen nach Hause und sortierte nach „wichtig“ und „hat Zeit“. Während Willi die Post bearbeitete und ich mich bemühte zum Hausfrauenalltag überzugehen, durften unsere Kinder noch für ein paar Tage die Ferien genießen.

Hildes bildhübsche Tochter, Marion, war für einige Jahre unser zuverlässiger Babysitter. Unsere Söhne liebten sie und Marion verhalf uns dazu, unsere Stunden außer Haus genießen zu können. Wenn wir bei Morgendämmerung unser Vereinsheim auf der Rosenhöhe verließen, wussten wir, dass unsere Kinder einen angenehmen Abend verbracht hatten und Marion für sie sorgen würde, wenn sie morgens hungrig aus den Betten kamen. Jahre später engagierten wir Marion als Nachhilfelehrerin für unsere Söhne.

In der Post war ein Brief von Walter Ernsting, geschrieben am 23.7.:

Wir kamen vor zwei Tagen aus dem Urlaub zurück, Du scheinst noch mitten drin zu sein,

schrieb er. Walter berichtete von seinem Aufenthalt in Triest. Er hatte an einer Science Fiction Convention teilgenommen. Dort traf er auch Antonio B., einen Verleger aus Mailand, der einige von Willis Kurzgeschichten in Italien veröffentlicht hatte und noch an weiteren interessiert war.

Außerdem ließ Walter Willi noch wissen, dass im März 1977 wieder ein PERRY RHODAN-Day in Amsterdam stattfinden wird.

Wir beide sind eingeladen, Reisekosten und Hotel wird bezahlt. Wir sollen eine wenn möglich humoristische Diskussionsshow vor den Lesern abziehen, wie in Washington. Du kennst meinen Bericht über Amsterdam. Es lohnt sich. Kommst Du mit?

Willi sagte zu.

Die PERRY RHODAN-Serie erschien inzwischen außer in den deutschsprachigen Ländern in Frankreich, Belgien, U.S.A., Holland, Japan, England, Finnland, Brasilien und nun auch in Italien.

Am 8.8.76 schrieb Walter an Willi:

Am 28.8. wird in Wien im offiziellen Programm des SFCD-Jahres-Con von den Berlinern der PRC-Deutschland gegründet, ein gutes Zeichen für künftige Zusammenarbeit. Damit habe ich eins der Ziele erreicht, an dem der Verlag fünfzehn Jahre herumbastelte. Walter ließ sich noch über die Sturheit bestimmter Menschen aus und beschwerte sich, dass er im Report nicht einmal den Con des SFCD erwähnen durfte, obwohl dort der PRCD gegründet werden sollte.

In einer Fußnote machte Walter noch den Vermerk:

„Komm doch hin!!! Hilf mir etwas!“ Und außerdem: „Du Faulsack könntest mir auch mal `ne Zeile schreiben!“

Zum Thema „Gründung eines „PERRY RHODAN-Clubs Deutschland“ schrieb Kurt Bernhardt am 21.September 1976 an Walter Ernsting:

Wenn wir aus dem heutigen Stadium der PERRY RHODAN-Clubs heraustreten wollen, dann geschieht eine Zentralisation nur mit eigenen Führungskräften bzw. mit Kräften, die mit der Geschäftsführung in vertraglicher Vereinbarung stehen. Nur diese Akteure, die das bewerkstelligen sollen, können in Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung im PERRY RHODAN-Club Deutschland tätig sein.

Unter Punkt 4 schrieb er noch:

Sie sind grundsätzlich im Irrtum, wenn Sie meinen, dass ich fremde SF-Clubs, SF-Vereinigungen, kommerzielle Unternehmungen an der Gründung des PERRY RHODAN Clubs Deutschland teilnehmen bzw. im wahrsten Sinne des Wortes „dranhängen“ lasse. Wenn ja, dann nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Geschäftsleitung.

Ich hoffe, dass jetzt sämtliche Unklarheiten beseitigt sind und dass Sie die Marschrichtung kennen. Ende dieser Woche werde ich Sie anrufen und werde einen Termin mit Ihnen festlegen, wann wir beide nach Rastatt fahren, um unter Vorsitz der Geschäftsleitung über die Punkte für eine echte Gründung eines Science Fiction Clubs Deutschland zu verhandeln.

Kopien dieses Briefes gingen an Herrn Voltz und Herrn Blach.

Kurt Bernhardt schrieb noch einige Briefe an Willi. Einen davon am 8. September, in dem er seinen Besuch in Frankfurt ankündigte. Im Oktober fand die Buchmesse statt, und diese Gelegenheit wurde immer für Gespräche genutzt.

Kurt Bernhardt kam auch mehrmals nach Heusenstamm und gelegentlich übernachtete er in einem Hotel in der Nachbarschaft. Es war in zwei Minuten zu Fuß erreichbar. In diesem Hotel waren oft bekannte Schauspieler für die Zeit ihres Engagements in Frankfurt und Umgebung untergebracht. Im Untergeschoß gab es ein gutes italienisches Restaurant, in dem wir auch mit Walter und Bibs viele Stunden verbracht hatten.

Willi mietete für Kurt Bernhardt ein Zimmer. Zur Besprechung kam er zu uns nach Hause. Wenn er seinen Besuch ankündigte, fragte ihn Willi nach seinen Wünschen fürs Mittagessen. „Alles, was es in München nicht gibt,“ antwortete der „alte“ Frankfurter jedesmal. Im Frühjahr war es die hausgemachte „Frankforter Grie Soß“, die er sich wünschte. Auch die Frankfurter Rindswurst, natürlich als Beilage zu einer guten Linsensuppe, kam bei unserem Besucher gut an.

Diese Besuche dienten nicht nur dazu, über die Weiterentwicklung der Perry Rhodan-Serie zu sprechen, sondern auch über die Arbeit der vergangenen Monate und evtl. anstehende Probleme, die es zu bewältigen galt. Ein immer wiederkehrendes Thema waren die Datenexposés. An K. H. Scheers Terminschwierigkeiten hatte sich trotz aller Bemühungen seitens des Verlags und der Unterstützung durch Willi nichts gebessert. Die Autoren beschwerten sich, weil sie mit dem Schreiben ihrer Romane warten sollten, bis die Datenexposés eingetroffen waren. Wenn sie vorlagen, riefen sie oft Verwirrung hervor, da die Aussagen der Daten nicht immer mit den Exposés in Einklang zu bringen waren. Bei den Autoren kam die Vermutung auf, dass eine Absicht dahinter war. Ich erinnere mich an einen Anruf von Hanns Kneifel, der Willi fragte, was er denn mit diesen Daten machen solle. Willis Antwort war kurz: „Vergiß sie!“

Der Cheflektor wollte an K.H. Scheer festhalten. Seine Befürchtungen waren, dass der Autor zu einem anderen Verlag gehen würde und mit Hilfe von sog. Ghostwriters eine neue Serie starten würde, um PERRY RHODAN zu schaden.

Es war eine etwas unruhige Zeit und das Verhältnis zwischen Willi und Karl Herbert war zeitweise durch diese Problematik getrübt. Ihren gelegentlichen Unmut brachten die Autoren in Briefen oder auch Anrufen zum Ausdruck. Einen davon schickte Klaus Mahn (Kurt Mahr) im April 1976 an Kurt Bernhardt. Hier ging es nicht nur um die Datenexposés.

Kurt Bernhardt reagierte auf die Beschwerden und schrieb am 20.Oktober per Einschreiben an KHS.

Am 21.Oktober informierte er Willi. Wie aus Kurt Bernhardts Brief zu ersehen ist, gab er Willi zumindest eine Teilschuld an dem Problem.

Ein großes Thema in diesen Tagen waren auch die Vorbereitungen für Band Nr. 800. Dieser Jubiläumsband erschien im Januar 1977 unter dem Titel: „Die Kaiserin von Therm“. Der Autor war William Voltz. Im Con-Buch von 1991 wurde der Roman als ein „weiteres Meisterwerk von William Voltz“ bezeichnet.

Neben allen Aktivitäten für die PERRY RHODAN-Serie durfte die ATLAN-Serie nicht zu kurz kommen. Der Jubiläumsband 300 rückte näher und es waren Änderungen vorgesehen.

Am 20. September1976 stellte Willi ein siebenseitiges Rahmenexposé für die ATLAN-Exclusiv-Serie ab Band Nr.300 fertig und verschickte es an den Verlag und die Autoren. Der neue Titel war: ATLAN – König von ATLANtis. Der neue Zyklus sollte weiterhin auf Science-Fiction-Basis aufgebaut sein, aber mehr fantastische Effekte enthalten und gelegentlich auch okkulte Gegebenheiten ansprechen. Dem ATLAN Slogan „Wir bringen das absolute Abenteuer“ sollten neue Impulse verliehen werden.

Das Jahr 1976 brachte der PERRY RHODAN-Serie zwei neue Autoren. Nach Peter Terrids (Wolfpeter Ritter) erstem PERRY RHODAN-Roman, der im Juli veröffentlicht worden war, erschien im November mit Band Nr.795 ein Roman der ersten Autorin innerhalb der RHODAN-Serie, Marianne Sydow.

Bei aller Arbeit vergaß Willi die Freizeit nicht. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass das Hobby ihn zeitlich ebenso in Anspruch nahm wie sein Beruf. Zusätzlich zu seinen eigenen Fußballaktivitäten kam sein Engagement für die Jugend hinzu. Nicht nur, dass er die Kinder trainierte, ließ er sich auch noch zum Jugendleiter seines Vereins „Rosenhöhe Offenbach“ wählen. Zweimal wöchentlich wurde trainiert und samstags gespielt. Gelegentlich gab es Turniere, und wenn sie „zu Hause“ stattfanden, waren viele Vorbereitungen und Planungen notwendig. Man hoffte auf gutes Wetter, denn das bringt die Zuschauer. Neben den sportlichen Aktivitäten musste dafür gesorgt werden, dass ausreichend zum Essen vorhanden war und genug zum Trinken. Es gab gegrillte Bratwurst, belegte Brötchen, und für die Kaffeezeit hatten die Mütter Kuchen gebacken. Die Frage: „Ist das nicht zuviel?“, war am Sonntag Abend beantwortet. Alles ging weg wie „warme Semmeln“.

Dies erinnert mich an eine Begebenheit, die ich bis heute nicht vergessen konnte. In unserer alten familiären Stammkneipe „Glühwürmchen“, lernten wir 1962 einen eingefleischten Junggesellen kennen. Wir trafen uns nur dort und verbrachten nette Stunden miteinander. Der Kontakt brach ab nachdem das kleine Lokal geschlossen wurde und für uns das Familienleben begonnen hatte. Einige Jahre später trafen wir unseren alten Freund auf der Rosenhöhe wieder. Er kam in Begleitung seiner Mutter, einer junggebliebenen Dame im fortgeschrittenen Alter. Die beiden kamen bei schönem Wetter oft zu Spielen und es entwickelte sich wieder ein lockerer Kontakt. An einem sommerlichen Turnier-Sonntag arbeitete Willi während einer Trainerpause am Grill und verkaufte Bratwurst. Unser Freund kam und bestellte zweimal Bratwurst. Willi nahm zwei Brötchen, packte die Bratwurst rein, fragte nach Senf oder Ketchup und sagte: “Macht drei Mark!“ „Drei Mark?“, war die Reaktion, „die Bratwurst kostet überall nur eine Mark oder höchstens einszwanzig!“ Willis spontane Reaktion nach einem arbeitsreichen Wochenende war: „Dann kaufen Sie sich Ihre Bratwurst doch dort!“

Wir sahen unseren Freund leider nie mehr. Er war kein Mensch, der auf den Pfennig oder die Mark achten musste. Er verstand nicht, dass das „Etwas Mehr“ für die Jugendabteilung des Vereins wichtig war. Um ein Turnier veranstalten zu können, braucht der Verein nicht nur freiwillige Helfer; es entstehen Kosten, die beglichen werden müssen.

Am 5.November hatte der Cheflektor Bernhardt nochmals Anlaß, einen Brief an alle Rhodan-Autoren zu senden. Er schrieb:

Lieber PERRY RHODAN-Autor,
in den letzten PERRY RHODAN-Manuskripten von mehreren Autoren wurden wieder wesentliche Sachfehler entdeckt, die dazu beigetragen hätten, nicht nur den Handlungsablauf zu verwirren, sondern auch eine Flut von Leserkontakten hervorgerufen hätten, wenn nicht eine Korrektur durch Herrn Schelwokat und Herrn Voltz erfolgt wäre.

Kurt Bernhardt machte darauf aufmerksam, dass PERRY RHODAN keine übliche Hefteserie ist und dass, je länger sie erscheint, damit eine sehr komplizierte schriftstellerische Arbeit verbunden ist:

Die Fehlerquellen entstehen unseres Erachtens dadurch, dass verschiedene Autoren die von uns zugeschickten Manuskriptkopien nicht lesen. Für jeden PERRY RHODAN-Autor ist es existenzmäßig unbedingt wichtig, dass jedes Manuskript gelesen und studiert wird, andernfalls entstehen immer wieder neue Fehler.

Herr Bernhardt verlangte von den Autoren, dass sie zur Sicherheit über jedes PERRY RHODAN-Manuskript ein Lektorat verfassen sollten, das wenigstens den Umfang einer maschinengeschriebenen Seite hat. Als Honorar bot er DM 30.– an. Die Rechnung sollte in zweifacher Ausfertigung dem Lektorat beigelegt werden.

Ob und wie lange diese Anordnung Bestand hatte, ist heute nicht mehr bekannt.

Willi engagierte sich inzwischen auch für den PERRY RHODAN-Report. Er versuchte neue Ideen hineinzubringen und musste diese mit dem Cheflektor zuvor absprechen.

Kurz vor Weihnachten kam noch ein Brief von Walter. Er schickte die Kopie eines Schreibens von Forrest J. (Forry) Ackerman, dem Herausgeber der PERRY RHODAN-Serie in den U.S.A. Der Brief begann mit den Worten:

Dear Walter, here is the lowdown on the situation on PERRY RHODAN in America. It ist not good.

Offensichtlich gingen die Verkaufszahlen in Amerika drastisch nach unten und Forry schilderte die verzweifelten Versuche, die Amerikanische Ausgabe der PERRY RHODAN-Serie am Leben zu erhalten.

In a desperation move to keep PR going, in January they are boosting the price from $1.25 to $1.50 for two month, then in March it goes to $1.75 with 2 novels in 1 paperback per month.

Wie diese Versuche endeten, weiß man. Etwa zehn Jahre später kam die Idee auf, die Silberbände nach Amerika zu verkaufen. Die Vermutung und Hoffnung war, dass PERRY RHODAN in Buchform besser ankommen würde. Klaus Mahn wurde damit beauftragt, einige Seiten von Buch Nr. 1 zu übersetzen. Dabei blieb es.

Bevor das Jahr zu Ende ging, schickte, pünktlich zum Weihnachtsfest, ein Verlag aus Utrecht Willi einen Vertrag für seinen ersten Roman „Sternenkämpfer“, den er im Alter von sechzehn Jahren geschrieben hatte und der nun in Holland erscheinen sollte.

In das neue Jahr hinein feierten wir in Neuberg bei Bekannten, die wir wiederum durch Freunde kennengelernt hatten. Die Party ging bis in den frühen Morgen, und da Willi die Hinfahrt übernommen hatte, durfte ich die Heimfahrt bewältigen. Unsere Kinder verbrachten die Nacht bei meiner Mutter, die sich sehr über die Abwechlung freute. Wir konnten die Ruhe im Haus nutzen und uns noch ein wenig Schlaf gönnen, den wir auch nötig hatten.

Das neue Jahr begann wie das alte geendet hatte – mit vielen Briefen von der PERRY RHODAN-Redaktion in München. Am 13. Januar 1977 schickte der Cheflektor wieder eines seiner häufigen Rundschreiben an die Autoren. Er wies darauf hin, dass einer der wichtigsten Faktoren bei der erfolgreichen Herausgabe der PERRY RHODAN-Serie die Teamarbeit ist. Voraussetzung hierfür sei der enge Kontakt der Autoren untereinander und besonders die Verbindung zu Herrn Voltz. Ursache für diesen Hinweis war die Tatsache, dass Autoren in Urlaub fuhren, ohne Willi oder G.M. Schelwokat davon zu unterrichten. Das musste geändert werden und außerdem verlangte Herr Bernhardt, dass die Urlaubsadresse hinterlassen wurde, unter der man den Autor erreichen konnte. Nur so ist eine reibungslose Zusammenarbeit möglich.

Am Tag darauf kam die Nachricht, dass Willi wieder einer der beiden Autoren war, deren Romane für gut befunden und einer Prämie würdig waren. Vor einiger Zeit hatte es sich der Verlag einfallen lassen, G.M.Schelwokat damit zu beauftragen, die seiner Meinung nach besten Romane für eine Prämierung vorzuschlagen.

Am 25. Januar teilte K.Bernhardt allen ATLAN-Autoren mit, dass aus bestimmten Gründen bereits am Feitag, den 4.2.1977 in Heusenstamm eine Redaktionsbesprechung zum Thema „ATLAN, KÖNIG VON ATLANTIS“, stattfinden wird. Treffpunkt war das Schloßhotel in Heusenstamm, in dem die Autoren auch zur Übernachtung untergebracht waren.

Einige Autoren trafen sich nach der Besprechung noch bei uns zu Hause. Hans Kneifel, der seit der Exposé-Rettungsaktion mit Willi einen besonders guten Kontakt hatte, erzählte und schwärmte von seinem zweiten Zuhause Sardinien. „Warum kommst du mit deiner Familie nicht mal nach Sardinien zum Urlaubmachen?“ fragte Hans. „Es wird euch bestimmt gefallen. Ich kann mich um alles kümmern!“ Die Folge war, dass für den kommenden Sommer der Urlaubsort schon so gut wie festgelegt war. „Der Bernhardt erklärt mich für verrückt!“ sagte Willi am nächsten Morgen, als wir beim Frühstück das Thema „Urlaub 1977“ noch einmal diskutierten. „Wenn's nichts ist, können wir im nächsten Jahr wieder an die Nordsee fahren!“ antwortete ich.

Teil 33

Die PERRY RHODAN-Buchausgabe wurde immer mehr zum Thema Nummer Eins. Willi war vom Geschäftsführer in Rastatt, Winfried Blach und dem Cheflektor Kurt Bernhardt beauftragt worden, die Bearbeitung für die Bücher zu übernehmen. Er musste sich Gedanken darüber machen, wie mehrere Hefte der Serie zu einem interessanten Buch zusammengefasst werden können. Dem Verlag sollte er bald seine Ideen bei einem Treffen in Rastatt unterbreiten.

Der Erscheinungstermin des ersten Bandes war für Sommer 1978 geplant. Bis zur Fertigstellung des ersten Manuskripts gab es noch viel zu tun und somit war Eile angesagt.

Willi wusste, dass einiges an Arbeit auf ihn zukam; er freute sich jedoch auf die neue Aufgabe und begann mit der Planung.

Bei einem der Telefongespräche zwischen Willi und Hans Kneifel kam die Sprache auf unseren nächsten Urlaub. „Wie sieht's aus“, fragte Hans, „bleibt es dabei, dass ihr nach Sardinien kommt? Es wird Zeit, dass ich für euch ein Hotel buche.“

Willi bestätigte, dass wir gerne unseren nächsten Urlaub auf der von Hans geliebten Insel verbringen möchten. Er bat ihn, auch gleich für unsere Freunde Ute, Peter, sowie deren Kinder Jörg und Christiane eine Unterkunft zu suchen. Hans bemühte sich sehr, für uns einen schönen und angenehmen Aufenthaltsort für unseren Sommerurlaub zu finden, der in ca. sechs Monaten beginnen sollte.

Kurz nach Beginn der Sommerferien machten wir uns gut gerüstet und mit guten Ratschlägen von Hans versehen, auf den Weg gen Süden. Hans hatte sich nicht nur um das Hotel gekümmert, sondern auch für die nötigen Tickets gesorgt, die wir für die Überfahrt mit der Fähre benötigten. „Sorgt dafür, dass ihr früh an der Fähre ankommt. Auch wenn ihr eure Tickets habt, kann es passieren, dass euch jemand die Plätze wegschnappt. Mit Geld ist dort alles möglich“, warnte uns der Sardinien-Kenner.

Für den Hinweg hatten wir eine Nachtfahrt mit der Fähre gebucht, die uns von Livorno, an der Westküste Italiens gelegen, nach Olbia, an der Costa Smeralda, bringen sollte. Da wir sehr früh vor Ort waren, hatten wir genügend Zeit, um einen Abstecher nach Pisa zu machen. Keiner von uns hatte je den schiefen Turm bewundert. „Wer weiß, wie lange der noch steht“, meinte Willi, „fahren wir hin und sehen uns das schiefe Ding an bevor es ganz umfällt!“

Willi bat mich, die Fahrt nach Pisa zu übernehmen. Der Verkehr war an diesem Nachmittag in Pisa wie in jeder größeren Stadt. Es ging nur langsam voran und die Autos stauten sich an den Ampeln. Da es für uns trotz des grünen Lichts nicht weiterging, signalisierte ich einem entgegenkommenden Fahrer, der links abbiegen wollte, dass er fahren kann. Beim Blick in den Seitenspiegel übersah ich eine junge Frau auf einem Moped, die nicht gerade langsam und ohne auf den entgegenkommenden Verkehr zu achten, rechts an uns vorbeifuhr, um die Straße zu überqueren. Der Zusammenstoß war nicht mehr zu vermeiden. Inzwischen rollte der Verkehr wieder und ich fuhr weiter. Wir sahen, dass man sich um die junge Frau kümmerte und wir hofften, dass sie sich nicht schlimm verletzt hatte.

Ein paar Minuten später erreichten wir den „Schiefen Turm“, der von vielen Touristen bewundert und bestiegen wurde. Wir verzichteten auf das Hinaufgehen, besahen uns das Wunderwerk nur von unten, machten Fotos und begaben uns wieder auf den Weg zur Fähre. Hans hatte uns geraten, nicht zu spät dort anzukommen, da das Einchecken viel Zeit in Anspruch nehmen würde.

Auf dem Weg dorthin kamen wir wieder an der Unfallstelle vorbei. Die Polizei war noch vor Ort und wir sahen die junge Frau in einer Ambulanz sitzen, wo man ihr eine Wunde am Kopf versorgte. Offensichtlich war ihr nicht viel passiert, was uns sehr beruhigte.

Wir fuhren zum Hafen und suchten unsere Fähre. Uns wurde signalisiert, dass wir unser Auto verlassen und den Schlüssel stecken lassen sollten. Nur das Wichtigste wie Pässe, Tickets, Bargeld und unseren kleinen Koffer für die Übernachtung durften wir mitnehmen. Nach den Warnhinweisen, die uns Hans mit auf den Weg gegeben hatte, war Willi alles andere als gelassen – besonders nachdem wir feststellen mussten, dass unser Auto auf einem separaten Containerschiff transportiert werden sollte.

„Wir können doch unser Auto mit all unseren Sachen nicht einfach den Leuten hier anvertrauen“, meinte er besorgt. „Das müssen alle anderen auch“, beruhigte ich ihn. „Es wird schon alles gut gehen!“

Wir reihten uns mit unseren Freunden vor der Fähre in einer bereits beachtlichen Menschenschlange ein. Nach Abwicklung der üblichen Kontrollen durften wir das Schiff betreten. Wir fanden unsere Kabinen. Sie befanden sich in der Schiffsmitte, sodass wir ohne Fenster auskommen mussten. Es war sehr warm in dem Raum, in dem sich zwei Etagenbetten befanden, ein kleiner Tisch, ein Stuhl und ein Minischrank. Unsere Söhne waren damit einverstanden, in den oberen Betten zu schlafen. Sie kannten das von zu Hause, wo sie sich einige Zeit ein solches Bett geteilt hatten.

Peter und Ute waren mit ihren Kindern gleich nebenan. Während wir noch damit beschäftigt waren die Klimaanlage in Betrieb zu nehmen, kam Peter und sagte: „Unsere Toilette funktioniert nicht!“ Wir boten unsere an. Die im anderen Raum funktionierende Klimaanlage konnten wir leider nicht teilen.

Wir entschlossen uns, erst einmal die Fähre zu besichtigen und nach einem gemütlichen Platz zu suchen, wo wir etwas zu essen und zu trinken finden konnten. An ein gutes Essen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber Flüssiges gab es in der Schiffs-Bar ausreichend. Irgendwann bemerkten wir, es war inzwischen dunkel, dass sich die Fähre bewegte. „Es geht los!“ sagten wir alle fast gleichzeitig und erleichtert. Unsere Kinder wurden müde und wir irgendwann auch. Wir waren alle gespannt darauf, was uns Hans als Bleibe für die nächsten drei Wochen ausgesucht hatte. Er wollte uns am nächsten Morgen am Hafen von Olbia abholen. Wir gingen zu unseren Kabinen, überließen unseren Freunden noch einmal unsere funktionierende Toilette und wünschten uns eine „Gute Nacht“.

Stephen und Ralph hatten keine Schlafprobleme. Willi und ich machten kaum ein Auge zu. Für Willi war das Bett zu kurz und ich hatte Atemprobleme. ‚Alles Einbildung‘, versuchte ich mir immer wieder zu suggerieren, aber es half nichts. Willi ging irgendwann nach draußen. Als er nach einer Weile zurückkam, sagte er: „Das musst du dir ansehen. Komm raus und sieh dir den Sonnenaufgang an - einfach schön!“ Ich wollte die Kinder an dem fremden Ort nicht alleine lassen; aber Willi beruhigte mich. „Es ist nicht weit. Ich gehe auch gleich wieder ins Zimmer zurück!“

Der Anblick der aufgehenden Sonne war wirklich schön anzusehen. Um uns herum lagen Menschen auf dem Boden und auf Bänken. Sie hatten keine Kabine gemietet und nutzten einen vom Wind geschützten Platz zum Schlafen. „Das hätten wir auch machen sollen“, sagte Willi.

Willi ging wieder in die Kabine zurück. Ich blieb im Freien und sah mich ein bisschen auf dem Schiff um. Kaffee, dachte ich, eine gute Tasse Kaffee wäre jetzt genau das Richtige. Als ich bereits aufgegeben hatte, einen Platz zu finden, an dem ich einen guten Kaffee hätte trinken können, sah ich einen Kaffeeautomaten. Ich beobachtete den Mann, der sich gerade einen Kaffee „zog“, um zu wissen, wie das funktionierte. Ich ging zurück in die Kabine, um Geld zu holen, fragte Willi ob er auch einen Kaffee wolle und ging wieder zum Automaten. Es freute mich festzustellen, dass ich diesen Automaten bedienen konnte. Und der Kaffee war so gut, dass ich mir noch einen zweiten holte. Willi wollte keinen; ich brachte ihm trotzdem einen Becher gefüllt mit heißem Kaffee in die Kabine. „Trink' ihn. Er ist heiß und schmeckt gut – und er weckt die müden Lebensgeister.“ Ich genoss noch ein wenig die Ruhe auf dem Schiff. Die Morgenstimmung, der Wind und das ruhige Wasser entschädigten mich für die schlaflose Nacht.

Langsam wurden die Fahrgäste munter. Ich sah nach meinen drei Männern. Alle waren inzwischen munter, machten sich frisch und fragten, wann und wo es denn etwas zum Essen geben würde. „Ich werde mich umsehen“, bot ich an. Auf dem Gang begegnete mir Ute, die ebenfalls für ihre hungrige Familie etwas Essbares finden wollte. Wir machten uns auf die Suche. Ute erzählte mir, dass sie in ihrer gekühlten Kabine gut geschlafen hätten. „Freut mich“, antwortete ich nicht ganz neidlos.

Wir fanden einen Platz, an dem es abgepackte Sandwiches gab. Auch Trinkbares gab es. Die Familie wird zufrieden sein, dachte ich.

Die Sonne stieg und es wurde angenehm warm. Das Schiff näherte sich dem Ziel, man konnte die Insel bereits seit einiger Zeit erkennen. Als die Fähre anlegte, standen wir schon mit unserem kleinen Gepäck bereit, um das Schiff so schnell wie möglich verlassen zu können. Willi war sehr erleichtert, als er das Containerschiff sah, auf dem sich unser Auto befand. Auch Hans hatten wir bereits entdeckt. Er stand neben seinem Fiat 500 und erwartete uns.

Da wir dem Rat von Hans gefolgt waren, früh am Hafen zu sein, waren unsere Autos mit die letzten, die herausgefahren wurden. Endlich sahen wir unseren grünen BMW. Nach einigen Enttäuschungen mit Alfa Romeo entschlossen wir uns beim letzten Autokauf, ein familienfreundlicheres Auto zu kaufen. Wir waren sehr zufrieden, jedenfalls mit dem ersten 525er.

Hans erklärte uns, dass wir ihm folgen sollen. „Ihr bleibt immer auf derselben Straße. Fahrt mir einfach nach!“ Hans legte ein flottes Tempo vor. Die Straße hatte einige Kurven und es dauerte nicht lange, bis sich die Gesichter unserer Kinder leicht verfärbten. Ich bat Willi anzuhalten. Seine Bedenken, dass wir Hans verlieren, schob ich beiseite. „Er wird schon merken, dass wir nicht mehr hinter ihm sind und umkehren. Hans ist es nicht gewöhnt mit Kindern im Auto zu fahren.“

Auch unsere Freunde hatten angehalten. Die Kinder taten, wonach ihnen zumute war – danach ging es ihnen besser. Inzwischen war Hans zurückgekommen und fragte, wo wir denn bleiben. Wir erklärten die Situation und baten ihn, doch etwas Rücksicht zu nehmen. Der Rest der Strecke verlief ohne weitere Vorkommnisse.

Als wir endlich an unserem Urlaubsort angekommen waren und Willi das Auto geparkt hatte, gab es für unsere Kinder kein Halten mehr. Nach der langen Reise war Bewegung angesagt. Die Gegend gefiel uns und wir waren sicher, dass es nicht lange dauern würde, bis die Kinder im Wasser toben würden. Zuerst mussten wir uns anmelden. Hans ging mit uns ins Büro, in dem eine kräftige, etwa 60jährige Italienerin saß. Sie erkannte Hans als den Mann, der unsere Zimmer bestellt hatte.

Es war kein Hotel der üblichen Art. Die Anlage trug den Namen „Acapulco“ und bestand aus runden Häuschen, in denen jeweils ein Zimmer mit Bad untergebracht war. Für die erste Nacht mussten wir ein anderes Häuschen bewohnen, weil unsere Zimmer noch nicht frei waren. Wir bekamen einen „Bungalow“ mit vier Betten. Zwei davon waren, wie in der Fähre, übereinander. Ralph, der sich das obere Bett ausgesucht hatte, streckte die Füße nach oben und berührte die Decke des flachen Daches. Mit einem „Autsch“ zog er sie wieder zurück und meinte: „Mann, ist das heiß!“ Die Decke war aufgeheizt von der Sonne, die uns in den kommenden drei Wochen tapfer begleiten sollte. Nachdem wir uns in unserer Unterkunft für die eine Nacht eingerichtet hatten und, müde wie wir waren, schlafen wollten, löschten wir das Licht. Es dauerte nicht lange, bis wir die ersten bekannten Geräusche hörten. Die Schnaken summten uns um die Ohren und suchten den Platz, an dem sie sich zum Zustechen niederlassen konnten. Wir kannten dieses Problem noch gut von Griechenland. Diese Biester quälten uns und nach einiger Zeit hoffnungsloser Versuche der Situation Herr zu werden, hatte Willi die Idee, nicht nur das kleine Fenster sondern auch die Tür aufzulassen. „Durchzug ist gut“, sagte er, stand auf und öffnete die Tür. Tatsächlich wurde das Schnakenproblem damit fast gelöst. Was mich jetzt störte war der Gedanke, dass unser Zimmer einladend offen war – für Mensch und Tier. Ich war erleichtert, als auch diese fast schlaflose Nacht beendet war.

Nach einer erfrischenden Dusche am Morgen begaben wir uns in das naheliegende Restaurant. Ein Nebenraum war fürs Frühstück vorgesehen. Der Raum war nicht groß und, wenn man zu spät kam, musste man warten, bis wieder ein Tisch freigeworden war. Auch unsere Freunde hatte der Hunger zu diesem Platz geführt. Sie hatten eine angenehme Nacht in einem Häuschen verbracht, das für vier Personen vorgesehen war. Es war größer als unsere Unterkunft in der vergangenen Nacht – perfekt mit zwei Schlafräumen und einem Bad ausgestattet, und sie sollten es auch für die nächsten drei Wochen behalten.

Während wir auf unseren Frühstücksplatz warteten, hatten wir Gelegenheit uns in dem Raum umzusehen. Alles sah gut aus. Lediglich die auf einem Tisch aufgereihten, großen Blechdosen störten uns etwas. Sie waren gefüllt mit unterschiedlichen Marmeladen aus denen sich die Gäste bedienen konnten. Hätte man nicht schönere und appetitlicher anzusehende Porzellan- oder Steinguttöpfe verwenden können? Die guten italienischen Brötchen und der gute starke Kaffee glichen wieder aus.

Kurz nach dem Frühstück bekamen wir unsere Zimmer zugewiesen. Es waren zwei der für diese Anlage typischen Räume. Jedes Zimmer mit Bad war ein separates kleines Gebäude und unsere beiden Räume waren einen kurzen Fußweg voneinander entfernt. Für mein mütterliches Verständnis zu weit voneinander entfernt. Wie machen wir es richtig? Sollen wir von außen zuschließen oder schließen die Kinder von innen den Raum ab? Oder schließen wir überhaupt nicht ab? Wir entschlossen uns, den Kindern zu vertrauen und überließen ihnen den Schlüssel. Ich erinnere mich an unruhige Nächte und wenig Schlaf.

Nach ein paar Tagen besuchte uns Hans und entschuldigte sich dafür, dass sich unmittelbar neben unserer Urlaubsanlage ein sehr belebter Campingplatz befand. „Als ich mir im Winter die Gegend angesehen hatte und die Buchung machte, standen hier keine Campingwagen und keine Zelte“, entschuldigte er sich. Wir bestätigten ihm, dass uns das überhaupt nicht stören würde.

Wir verbrachten unsere Zeit im angenehmen Wasser und mit Ausflügen in die schöne Umgebung. Unseren Freund Peter begeisterten besonders die tollen Jachten, die im Hafen angelegt hatten und auf deren Decks die Champagner Korken knallten. Hier traf sich abends der Jet-Set.

Das einzige Restaurant an unserem Urlaubsplatz bot gutes Essen und gelegentlich auch Unterhaltung. Als wir zum Mittagessen kamen überreichten uns die Kellner Zettel auf denen darauf hingewiesen wurde, dass am Samstag, nach dem Abendessen, eine Veranstaltung stattfinden würde. Wir waren für jede Abwechslung dankbar und entschieden uns dafür, an dem bunten Abend teilzunehmen. Wir meldeten uns an, auch wenn wir nicht so richtig wussten, was uns eigentlich erwarten würde. Es war eine Travestie Schau, die den Touristen geboten wurde, und die Akteure waren unsere Kellner. Wir verbrachten einen netten, lustigen Abend.

Gelegentlich gingen Ute und ich in den kleinen Ort, der von unserem Urlaubsdomizil nicht weit entfernt war. Auch hier gab es die berühmte deutsche Zeitung zu kaufen. An jenem Tag standen viele Touristen um den Zeitungsständer herum; was vermuten ließ, dass es etwas Interessantes oder Wichtiges zu lesen gab. Als wir Gelegenheit hatten, das Titelblatt zu sehen, konnten wir die Nachricht von Elvis Presleys Tod lesen. Einige Menschen um uns herum waren von der Nachricht, dass der Interpret, der die Musikszene der 50er und 60er Jahre mitgeprägt hatte, sehr betroffen. Offensichtlich war ihm sein Lebensstil zum Verhängnis geworden.

Am 26.August war unser Urlaub vorbei und wir mussten uns wieder auf den Heimweg machen. Die Rückfahrt mit der Fähre war für den Vormittag gebucht und wir brauchten keine Kabine. Wir waren alle froh, als das Schiff am Abend wieder in Livorno anlegte. Diesmal waren unsere Autos auf derselben Fähre untergebracht. Wir verbrachten mehrere Stunden mit Warten. Willi war müde und sichtlich nervös. „Ich geh' jetzt rein und sehe nach, warum das so lange dauert“, sagte er und lief davon. Er ließ uns lange auf seine Rückkehr warten, so dass auch ich langsam nervös wurde. Als Willi zurückkam, schlug er die Hände über dem Kopf zusammen und sagte: „Was ein Chaos, ihr macht euch keine Vorstellungen, was da vorgeht !“ Er berichtete von extrem steilen Rampen, engen Auffahrten und einem Mann, dem die Tränen kamen, weil sein Jaguar beschädigt worden war.

Da wir wieder früh am Hafen waren, standen unsere Autos ganz am Ende und verließen erst nach mehreren Stunden das Schiff. Als sie endlich zu sehen waren, gingen Willi und Peter hin und inspizierten erst einmal unsere Fahrgelegenheiten nach Schrammen und aufgerissenen Ölwannen. Als die beiden keine Beschädigungen finden konnten, setzten sie sich in die Autos und fuhren sie zu uns auf den Parkplatz. Bei dem Versuch einzuparken fuhr Willi Stephen über den Fuß – ohne unangenehme Folgen. Wir waren alle müde und unkonzentriert. Inzwischen war es Mitternacht und ich freute mich auf ein Bett in einem Hotel irgendwo außerhalb der Stadt. Als alles eingepackt war, verabschiedeten wir uns von unseren Freunden. Wir hielten es für besser, unabhängig zu fahren, ohne auf den anderen achten zu müssen.

Willi erklärte mir, dass er keine Lust darauf habe nach einem Hotel zu suchen. „Wir fahren erst einmal los, dann sehen wir weiter. Aber ich will auf jeden Fall bis in die Schweiz fahren!“ Ich wusste, dass es keinen Sinn machen würde, ihn davon zu überzeugen, dass das unvernünftig ist. Als wir in der Schweiz waren und ich vorsichtig fragte, ob wir nicht besser in einem Hotel absteigen sollten, meinte Willi: „Jetzt sind wir schon so weit, den Rest schaffen wir auch noch.“

Die Kinder schliefen und wir fuhren weiter Richtung Norden. Irgendwann fuhr Willi auf einen Parkplatz. „Ich kann nicht mehr. Wir halten an und ruhen uns ein bisschen aus!“ Er verriegelte die Türen und schlief innerhalb von Sekunden ein. Als wir wach wurden, war es bereits hell. Willi stieg aus und bewegte seine müden Knochen ein wenig. Dann fuhren wir weiter. In Deutschland angekommen, stoppten wir an einer Raststätte und frühstückten. Besonders der Kaffee war uns wichtig. Meine Vorwürfe über die Unvernunft und den Leichtsinn meines Mannes wollte ich mir für zu Hause aufheben.

Dort angekommen, waren wir erst einmal froh, dass wir diese Fahrt überstanden hatten. „Das machen wir nicht mehr“, sagte ich nur und packte die Koffer aus.


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